Büronutzende mittels akustischer Optimierung der Raumoberflächen und des Innenausbaus ausreichend vor Störungen durch Bürolärm schützen
Kategorie
Zielkonflikte
- Es ist zu beachten, dass auch bei der Akustikplanung Energieaspekte nicht zu vernachlässigen sind: Wenn beispielsweise bei Bürogebäuden mit massiver Bauweise Wände und Säulen mit ungewollt isolierenden Akustikelementen versehen werden, kann das das Kühlungs- bzw. Heizkonzept des Gebäudes unterwandern. Entsprechend wird empfohlen, in solchen Fällen thermisch leitende Akustikelemente einzusetzen oder diese vertikal zur Wandfläche zu positionieren.
- Werden einzelne Arbeitsbereiche nicht zu gross gestaltet und so die individuell entstehenden visuellen und akustischen Eindrücke begrenzt gehalten, schützt dies vor Ablenkung und Unterbrechung, schafft eine Art Territorium und reduziert gleichzeitig Dichtestress.
Details
Leistungs- und Wohlbefindensbeeinträchtigungen durch Lärm stellen in offenen Büroumgebungen ein weit verbreitetes Problem dar[1]. Dies hängt hauptsächlich mit den folgenden beiden Umständen zusammen:
- Zum einen ist in vielen Büros Privatheitsregulation und damit auch Schutz vor Bürolärm (bspw. durch Verfügbarkeit von Zonen für konzentriertes Arbeiten, Räume für Telefonate und Ad Hoc Sitzungen, Ermöglichung von Home Office etc.) nur sehr beschränkt möglich – entsprechend kann man sich in solchen Büros dem Lärm nur schwer entziehen.
- Zum anderen wird der Raumakustik beim Bau oder im Betrieb von Bürogebäuden häufig zu wenig Beachtung geschenkt oder umgesetzte Massnahmen haben nicht die erhoffte Wirkung.
Ein wichtiger Ursprung für den zweitgenannten Missstand könnte in unzutreffenden Annahmen über die menschliche Lärmwahrnehmung zu finden sein: Häufig wird angenommen, dass die Störwirkung von Bürogeräuschen zur Hauptsache von ihrer objektiv messbaren Lautstärke abhängig sei. Dies trifft so nicht zu. Viel stärker als von der Lautstärke hängt die empfundene Störwirkung typischer Bürogeräusche von der Qualität des Geräuschs (Informationsgehalt, zeitlicher Verlauf) und der Aktivität der beurteilenden Person ab[2]. In Übereinstimmung mit dieser Theorie empfinden bspw. konzentriert einzeln arbeitende Personen von allen Lärmquellen im Büro die Gespräche von Arbeitskollegen als am störendsten[3]. Dennoch ist an Standardarbeitsplätzen nebst Konzentration zugleich meist auch informelle Kommunikation zwischen den Mitarbeitenden erwünscht. Die Sprachverständlichkeit in Büroräumen muss also nicht – wie durch Minimierung von Nachhallzeiten oft unbewusst praktiziert - generell maximiert sondern je nach Anforderungen bewusst und räumlich differenziert hergestellt werden. Selbstverständlich ist aber eine grobe Orientierung an der DIN 18041 „Hörsamkeit in kleinen und mittelgrossen Räumen“ dennoch sinnvoll, da es bei der Raumakustik nicht nur um Sprachverständlichkeit sondern bspw. auch um wahrgenommene Klangqualität und Lautstärke, um Orientierung und Sprecherlokalisierung wie auch um die Vermeidung von Effekten wie Echos und stehende Wellen geht. Generell kann die Raumakustik und damit auch die Sprachverständlichkeit bzw. der Schutz vor Störungen durch Gespräche gesteuert werden, indem Raumoberflächen (Böden, Wände, Fenster, Türen, Decken, Raumvolumina etc.) und Innenausbau (Doppelböden, Bodenbeläge, Wandverkleidungen, Möblierung, Akustikelemente etc.) gezielt und aufeinander abgestimmt gestaltet werden. Zum einen lässt sich dadurch beeinflussen, ob die Schallausbreitung durch Objekte verhindert wird und zum andern bestimmen die Objektoberflächen wie stark Schall reflektiert und weitergeleitet/ bzw. absorbiert und „geschluckt“ wird. Generell zu vermeiden sind gegenüberliegende, glatte, harte Flächen, da dies zu unangenehmen Echoeffekten führen kann. Wenn absorbierende Materialien zum Einsatz kommen, so ist zu bedenken, dass
- Absorptionsgrade meist von den Frequenzen (Tonhöhen) der Geräusche abhängen
- Absorptionseffekte nicht selten nur in bestimmten Frequenzbereichen erwünscht sind
- die Fläche des Absorbers häufig wichtiger ist als sein eigentlicher Absorptionsgrad
Für den häufig anzutreffenden Fall von offenen Bürostrukturen mit verschiedenen Standardarbeitsplatzbereichen (für unterschiedliche Teams) wird empfohlen, die Sprachverständlichkeit zwischen folgenden Bereichen möglichst gering zu halten:
- Zwischen direkt benachbarten Arbeitsplätzen innerhalb eines Arbeitsbereichs (wenn Personen sitzen und den Sprachschall nicht gezielt in Richtung der benachbarten Person lenken)
- Zwischen verschiedenen Arbeitsbereichen
- Zwischen Arbeitsbereichen und Durchgangszonen
- Zwischen Arbeitsbereichen und angrenzenden Räumen
Bewährt haben sich in dieser Hinsicht folgende Gestaltungsoptionen:
- Geschlossene Regale, Schränke, Stellwände oder spezielle Raumgliederungssysteme mit schallschirmenden aber auch schallabsorbierendenen Eigenschaften zwischen verschiedenen Arbeitsbereichen oder zwischen Arbeitsbereichen und Durchgangszonen[4]. Diese reduzieren Störungen durch Gespräche aus angrenzenden Arbeitsbereichen und Verkehrsflächen.
- Bezüglich der Schallabschirmung direkt benachbarter Arbeitsplätze haben sich zusätzlich zu schallabsorbierenden Raumoberflächen auf den Tischen montierte, schallabsorbierende Aufsätze bewährt. Bei Arbeit nahe am Pult mindern diese den Direktschall und damit die Sprachverständlichkeit für die benachbarten Arbeitsplätze, ermöglichen aber durch ihre Begrenztheit dennoch Kommunikation und Blickkontakt zwischen den Arbeitsplätzen.
- Separate Räume bzw. Raum-in-Raum-Lösungen sollten mit möglichst schalldämmenden Wänden von einander abgegrenzt sein. Dies nicht nur, um Störungen durch Gespräche zu vermeiden sondern auch um vertrauliche Gespräche zu ermöglichen.
- In besonderen Fällen kann es auch Sinn machen, die Sprachverständlichkeit mittels sogenanntem Soundmasking herabzusetzen. Die zuvor genannten Massnahmen sind diesbezüglich aber meist effektiver.
Selbstverständlich sind für andere Nutzungen als die oben beschriebene auch andere raumakustische Zielsetzungen und Massnahmen nötig (z.B. hohe Sprachverständlichkeit in Seminarräumen). Raumakustik inklusive bewusster und differenzierter Gestaltung der Sprachverständlichkeit ist ein sehr komplexes Thema. Entsprechend ist bei der Gestaltung von Büroarbeitsplätzen der Einbezug von Akustikplanern sehr zu empfehlen. Der Einbezug sollte möglichst zu einem frühen Zeitpunkt der Planung erfolgen, da im Nachhinein vorgenommene Akustikmassnahmen oft teuer und manchmal weniger effektiv sind.
[1] Schlittmeier and Liebl (2015)
[2] Es sei denn, es handelt sich um derart laute Geräusche, so dass sie nicht nur störend sondern sogar gesundheitsbeeinträchtigend sind. Dies ist aber in gewöhnlichen Bürogebäuden nie der Fall.
[3] Schlittmeier and Liebl (2015)
[4] Hilge and Nocke (Unbekannt)