Nutzerorientierte Bedarfsplanung
Kategorie
Zielkonflikte
Durch die Befragung der Stakeholder werden unter Umständen Erwartungen geweckt. Dies sollte in der Kommunikation und Durchführung beachtet werden, um Enttäuschungen vorzubeugen.
Details
Die nutzerorientierte Bedarfsplanung zielt darauf ab, in frühen Planungsstadien mittels empirischer Methoden die Bedürfnisse, Präferenzen oder Wünsche der prospektiven Nutzer eines zu gestaltenden Umweltbereichs zu erfassen. Der Begriff nutzerorientierte Bedarfsplanung (auch Nutzerbedürfnisanalyse) ist ein Sammelbegriff für diese Verfahren[1], zu denen beispielsweise Zieleworkshops mit der Unternehmensleistung und ggf. weiteren Stakeholdern, durchdachte Befragung von und Interviews mit künftigen Nutzenden, Zeitbudget- und Beobachtungsstudien und diverse weitere Techniken gehören. Die Güte einer Bedarfsanalyse lässt sich aber nicht – wie von Laien oft vermutet – allein an der Wahl der Methode ablesen. Vielmehr stellt sich die Frage, ob die gewählten Methoden geeignet sind und inhaltlich gut konzipiert wurden, um das Ziel der nutzerorientierten Bedarfsanylse – nämlich die systematische Sammlung aller bereits vorhandenen und für die konkrete Planung und Umsetzung einer mitarbeiterfreundlichen und strategiekonformen Umwelt (Büroumgebung) relevanten Informationen – zu erreichen.
Ein wesentlicher Teil der nutzerorientierten Bedarfsplanung ist es auch, auf Basis der gesammelten Informationen einen Konsens zwischen den Beteiligten Anspruchsgruppen herbeizuführen und diesen in Form einer Bedarfsdokumentation den Bauplanern zu übergeben. Idealerweise sind und bleiben aber sowohl Bedarfs- als auch Bauplaner während des gesamten Projekts involviert. Ausführliche und anschauliche Informationen zur Bedarfsplanung finden sich auch im entsprechenden Fachbuch von Hodulak und Schramm, 2011: Nutzerorientierte Bedarfsplanung – Prozessqualität für nachhaltige Gebäude.
Eine nutzerorientiert Bedarfsplanung, wie sie soeben beschrieben wurde, ist in der heutigen Baupraxis kaum anzutreffen. Logischerweise werden Bedarfe zwar in irgendeiner Form immer abgeklärt, doch geschieht dies selten systematisch und geschweige denn nutzerorientiert. Entsprechende werden nutzerorientierte Bedarfe vor dem Bau oft nur unzureichend erfasst, dokumentiert und realisiert. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Nicht selten fehlt entsprechendes Know-How bzw. das Bewusstsein für die Wichtigkeit/ das Potenzial einer systematischen Bedarfsanalyse
- Oft fehlt es aber auch an ausreichender Dokumentation der Bedarfe und an der nötigen kontinuierlichen Kommunikation zwischen Besteller, Planer und den beteiligten Baufirmen
- Gerade im Bürogebäudebereich besteht auch häufig die Schwierigkeiit, dass Investoren zum Zeitpunkt des Baus die ersten Mieter noch gar nicht kennen bzw. aus Gründen der späteren Weitervermietbarkeit und Umnutzung ohnehin kein Interesse daran haben, Gebäude allzu spezifisch auf einzelne Ansprüche auszurichten (Investor-Nutzer-Dilemma).
Und dennoch: die Vorteile einer konsequenten Ausrichtung einer Büroumgebung auf die eigentlichen Bedarfe dürften den Aufwand von Unternehmungen für die Überwindung der damit verbundenen Schwierigkeiten in den meisten Fällen klar überwiegen:
- Breiter abgestützte und besser akzeptiertere Lösungen sowie sorgsameres Nutzerverhalten durch Partizipation am Planungsprozess
- Der Büroraum als tatsächliche Unterstützung bei der Erfüllung der Arbeitsaufgaben und der Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens
- Ausrichtung der Arbeitsumgebung auf die Unternehmensstrategie
- Entsprechend reduzierte Notwendigkeit von kostspieligen Nachbesserungen
- Vgl. auch Investitionen in mitarbeiterorientierte Nachhaltigkeit
[1] Dieckmann, Flade, Schuemer, Ströhlein, and Walden (2004)