Viele jüngere Bürogebäude weisen einen hohen Fensterflächenanteil auf. Die Ziele, die damit verfolgt werden sind Tageslichtnutzung, passive Wärmegewinne im Winter aber nicht selten auch ästhetische, rein auf Aussenwirkung bezogene Gesichtspunkte. Mit grösser werdendem Fensterflächenanteil steigt auch die Bedeutung eines gut funktionierenden Sonnenschutzes, der die Büroräume vor allem im Sommer vor direkter Sonneneinstrahlung und damit auch vor Überhitzung und unnötigen Kühlaufwänden schützt. Bei extremen Aussentemperaturen kann der Sonnenschutz ausserhalb der Arbeitszeiten auch zur zusätzlichen Wärmedämmung des Gebäudes verwendet werden.
Die Herausforderung für die Gestaltung von modernen Sonnenschutzsystemen besteht darin, dass Ansprüche der Nutzenden (Aussicht, Tageslichtnutzung, Blendschutz) und Energieziele (je nach Aussenverhältnissen Wärmeschutz oder passive Wärmegewinne) nicht immer im Einklang stehen. Die Frage lautet deshalb: Wie muss ein Verschattungssystem gestaltet und gesteuert werden, so dass mit möglichst geringem Energieeinsatz komfortables, gesundes und produktives Arbeiten unterstützt wird?
Auf dem Markt sind zurzeit unterschiedlichste Verschattungssysteme erhältlich, die den genannten Ansprüchen unterschiedlich gut gerecht werden. Wichtig hierbei sind vor allem
- aussen liegende Schutzvorrichtungen, um Aufheizung der Räume effektiv zu vermeiden
- kleine, separat ansteuerbare Segmente (also eher pro Fensterelement statt ganze Fassadenelemente)
- Übersteuerungsmöglichkeiten und deren intuitive Verstehbarkeit für Nutzende
- hohe Lichtdurchlässig (nur diffuses Licht ohne Blendung)
- Tageslichtlenkung (bspw. kann das Tageslicht mittels Reflexion an speziellen Lamellen gezielt in den gewünschten Raumbereich gelenkt werden – auf diese Weise ist auch eine Indirektbeleuchtung über eine gut reflektierende Decke ist möglich)
- Art, Anzahl und Platzierung von Sensoren
- Automatisierungseinstellungen wie beispielsweise Sonnenstands- und Bewölkungsadaption, Reaktionszeiten, Rückwechsel vom Übersteuerungs- in den automatisch gesteuerten Modus
- Wind- und Frostbeständigkeit
- ggf. automatische Nachführung des Lamellenwinkels und
- Entkopplung vom Blendschutz (zwei separate Systeme verwenden)
- Abstimmung auf die künstliche Beleuchtung
- niedrige Unterhaltskosten.
Zu unterscheiden sind zudem vertikale und horizontale Verschattungssysteme – vertikale Systeme sind heute Standard, horizontale ermöglichen durchgehend Aussicht und Tageslicht, haben aber andere Nachteile .
In vielen Fällen werden aussenliegende vertikale Lamellensysteme eingesetzt, die nicht nur dem Sonnenschutz dienen sondern gleichzeitig auch Blendschutz bieten sollen. Wie oben aufgelistet, wird hier aber empfohlen, für Sonnen- und Blendschutz zwei separate Systeme zu verwenden, da Blendung auch dann auftreten kann, wenn Wärmegewinne durch direkte Sonneneinstrahlung erwünscht sind . Zudem sind separate Blendschutzsysteme idealerweise so gestaltet, dass sie einerseits pro Arbeitsplatz vorhanden sind und andererseits von unten her hochgefahren werden können, damit Tageslichteinfall trotzdem weiterhin möglich ist.
Um in jedem individuellen Anwendungsfall das optimale System oder die optimale Kombination von Systemen einzusetzen, sind Fachplaner unumgänglich.
Doch nicht nur die Wahl der technischen Sonnenschutz-, Blendschutz- und Lichtlenksysteme ist entscheidend. Auch informiertes, konzeptgerechtes Nutzendenverhalten (verantwortungsvolle Übersteuerung, keine Manipulationen) gewinnt in modernen, stark isolierten Gebäuden (in denen interne Wärmelasten nicht mehr so leicht abgeführt werden können) an Bedeutung. Verantwortungsvolles Nutzendenverhalten bzw. Akzeptanz kann aber nur erwartet werden, wenn den Nutzenden bekannt ist, wie das Gebäude und sein Verschattungssystem funktioniert[1]. Entsprechend ist auf intuitive Verständlichkeit des Sonnenschutzes und des Gebäudes oder Information der Nutzenden über deren Funktionsweise zu achten. Intuitive Verständlichkeit kann auch über Nutzerfeedbacksysteme sichergestellt werden. Dass ein solches Verständnis bislang nicht vermittelt wird, zeigen Befragungen, bei denen nur ein verschwindend geringer Prozentsatz der Teilnehmenden die Übersteuerung des Sonnenschutzes als besonders energierelevantes Verhalten einstuft.
[1] Beispielsweise blockieren viele Verschattungssysteme zwar beim Herunterfahren die Sicht und den Tageslichteinfall vollständig, führen aber - sobald sie aber in der Endposition sind - die Lamellen nach womit Tageslichteinfall und Sicht nach Aussen teilweise wieder möglich sind. Oft werden Verschattungssysteme aber bereits übersteuert, bevor sie diese Position erreichen, weil Nutzenden der angezielte Endzustand der Lamellen nicht bewusst ist.